Im Frühstadium ist Asthma meist eine Erkrankung vom Fülle-Typ. Erst nach wiederkehrenden Anfällen verwandelt sich Asthma in eine chronische Erkrankung vom Mangel-Typ. Wenn bei chronischem Asthma ein Anfall eintritt, deuten die Symptome meistens auf einen Mangel in der Wurzel und einen Überschuss in der Erscheinungsform (dem so genannten Zweigaspekt) hin. Die Behandlung folgt den Prinzipien, das Qi zu unterstützen und die krankheitsverursachenden Faktoren zu eliminieren (fú zhèng qū xié), den Schleim aufzulösen und das Asthma zu beruhigen (huà tán píng chuǎn). Im Wesentlichen werden dazu Zustimmungspunkte (Shu-Rückenpunkte) ausgewählt, die mit Akupunktur oder Moxibustion (bei Mangel-Syndrom vom Kälte-Typ, Yang-Mangel) behandelt werden.
Die Zustimmungspunkte der Lunge-Fei (Bl 13 fei shu) werden alleine akupunktiert oder moxibustiert, wenn nur Symptome der Lunge-Fei (Husten und Kurzatmigkeit) vorliegen, aber keine organspezifischen Symptome der Milz-Pi oder der Niere-Shen.
Bei Symptomen der Milz-Pi (weicher Stuhl und andere Symptome des Verdauungstrakts) werden zusätzlich die Zustimmungspunkte der Milz-Pi (Bl 20 pi shu) behandelt.
Bei Symptomen der Nieren-Shen (Schmerzen im unteren Rücken und schwache Beine und Knie) werden zusätzlich die Zustimmungspunkte der Nieren-Shen (Bl 23 shen shu) behandelt.
Fallbeispiel: Asthma
Eine 35jährige Arbeiterin klagte über chronischen Husten und Asthma. Sie hatte drei Monate zuvor einen akuten Anfall nach einer Erkältung gehabt. Sie war schon mit westlichen und traditionellen Medikamenten ohne Erfolg behandelt worden. Nachdem sie nun schon länger als zwei Monate lang ständig kurzatmig war, wollte sie sich mit Akupunktur und Moxibustion behandeln lassen. Bei der Untersuchung hatte sie eine fahle Gesichtsfarbe, Atemnot, eine keuchende Atmung und konnte aufgrund des Druckes in der Brust nicht flach liegen. Sie litt an Schweißausbrüchen, Abneigung gegen Kälte und Abgespanntheit. Ihr Appetit war schlecht, und sie musste sich erbrechen, schon wenn sie nur kleine Mengen Gemüse aß. Ihre Zunge war rosa mit einem weißen Belag, der Puls schmal (xì). Die Diagnose war Mangel an qì in Milz und Lunge mit Asthma vom Kälte-Typ (fèi pí qì xū).
Die Behandlungsprinzipien waren die Unterstützung der aufrechten Einflüsse (fú zhèng qū xié), das Innere wärmen (wěn zhōng sàn hán), den Schleim auflösen und das Asthma beruhigen (huà tán píng chuǎn). Zunächst wurde LG 14 (dà zhuī) genadelt, 1 cùn tief mit gleichmäßig tonisierender und sedierender Manipulation. Dann wurde an den Punkten LG 14 (dà zhuī), Bl 13 (fèi shū), KG 22 (tiān tú), KG 12 (zhōng wǎn) und KG 6 (qì hǎi) moxibustiert mit jeweils drei Kegeln. Dies wurde zweimal in der Woche durchgeführt. Nach sechs Behandlungen waren die Symptome merklich geringer geworden. Der Appetit war besser, die Gesichtsfarbe lebhafter, ihr Geist erholte sich. Lediglich eine leichte Abneigung gegen Kälte blieb bestehen. Nach zehn Sitzungen gab es keine Asthmaanfälle mehr, auch nicht bei Wetterwechseln und nach Gemüsemahlzeiten. Nach 19 Behandlungen wurde die Therapie unterbrochen. Nach drei Monaten wurde sie nachuntersucht. Sie hatte bis dahin keine Asthmaanfälle und konnte normal essen und schlafen.

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