Wir haben eine große Zahl von Patienten mit Bettnässen (Enuresis) behandelt und nachuntersucht. Die Symptomatik wurde kurzfristig bei 80% der Patienten beseitigt. Bei Nachuntersuchung nach einem Jahr fand sich immer noch eine Erfolgsquote von 40%. Bei Wiederauftreten der Erkrankung kann mit derselben Methode erneut erfolgreich behandelt werden.

Die Krankheit entsteht durch Schwäche der Nierenenergie (shèn qì xū ruò) und Versagen der Verschlussfunktion der Blase (páng guāng shī yuě). Die Behandlung muss daher nach dem Prinzip erfolgen, die Nierenenergie zu kräftigen, um die Blase zu konsolidieren.

Folgende Punkte werden vorgeschlagen:

a) Bl 23 (shèn shū), Bl 28 (páng guāng shū), Bl 32 (cì liáo), Bl 39 (wēi yáng).

b) KG 6 (qì hǎi), KG 4 (guān yuán), Ma 36 (zú sān Iǐ), MP 6 (sān yīn jiāo).

Die beiden Gruppen von Punkten werden alternierend akupunktiert. Es wird jeden Tag oder jeden zweiten Tag behandelt.

Modifikationen

  • Bei allgemeiner Schwäche aufgrund von Mangel an Energie in der Lunge wählt man zusätzlich Bl 13 (fèi shū) und Lu 9 (tài yuān).
  • Bei weichem Stuhlgang und Appetitverlust durch qì-Mangel in der Milz akupunktiert man zusätzlich Bl 20 (pí shū) und MP 6 (sān yīn jiāo).
  • Bei Narkolepsie nimmt man LG 20 (bǎi huì) und H 7 (shén mén) dazu.
  • Bei Feuer im Unteren Erwärmer akupunktiert man zusätzlich MP 9 (yīn Iíng quán), Le 3 (tài chōng) und KG 3 (zhōng jí).

Vorgehen

In den meisten Fällen handelt es sich um einen Mangel-Kälte-Typ, deshalb soll man tonisierend manipulieren mit langsamem Heben und schnellem Senken der Nadel. KG 4 (guān yuán) und KG 3 (zhōng jí) werden so akupunktiert, dass sich das Nadelgefühl nach unten bis ins vordere Perineum ausbreitet. Anschließend wird dort moxibustiert.

Wenn es sich um einen Zustand mit Feuer im Unteren Erwärmer handelt, soll man die Nadel schnell heben und langsam senken, und so sedierend manipulieren.

Im Allgemeinen sind zehn Behandlungen für einen Erfolg ausreichend. Wenn bis dann kein Erfolg zu verzeichnen ist, kann man nur noch in seltenen Fällen mit dieser Methode den Zustand bessern. Während der Behandlung sollte der Patient angeleitet werden, mit dem Toilettengang richtig umzugehen; es soll nach dem Abendessen wenig getrunken werden, und der Patient soll Überanstrengung vermeiden.

Fallbeispiel Bettnässen

Ein 18jähriges Mädchen hatte seit Kindheit allnächtlich Enuresis. Sie litt sehr darunter, zumal bisher alle therapeutischen Maßnahmen keinen Erfolg gebracht hatten. Als sie von uns untersucht wurde, berichtete sie über Einnässen alle paar Nächte. Sie fühlte sich sehr erschöpft, schwitzte viel und schlief sehr fest. Ihr Gedächtnis war gut. Sie musste tagsüber viel klaren Urin lassen, hatte aber keinen Durst. Bei der Untersuchung erschien sie normal entwickelt, hatte aber einen fahlen Gesichtsausdruck. Die Zunge war blass, etwas geschwollen, der Puls schwach. Die Diagnose lautete: Mangelzustand in den unteren Körperteilen, Versagen der Schließfunktion der Blase.

Die Behandlung musste darin bestehen, das yáng der Niere mit warmen Methoden zu tonisieren, die Blase zu festigen, um so die Enuresis zu beenden.

Folgende Punkte wurden dazu ausgewählt: LG 4 (mìng mén), Bl 23 (shèn shū), KG 4 (guān yuán), Ma 28 (shuǐ dào), Ma 36 (zú sān Iǐ) und MP 6 (sān yīn jiāo).

Diese Punkte wurden akupunktiert und tonisierend manipuliert. Außerdem wurden die Punkte auf dem Leib nach der Akupunktur moxibustiert. Es wurde einmal täglich für zehn Sitzungen behandelt. Die Patientin musste danach deutlich weniger Wasser lassen, schlief aber immer noch sehr fest.

Dann wurden über weitere zehn Sitzungen dieselben Punkte und zusätzlich Ma 28 (shuǐ dào) und MP 6 (sān yīn jiāo) sowie H 7 (shén mén) akupunktiert, und LG 20 (bǎi huì) wurde moxibustiert. Nun nässte sie nur noch einmal ein. Sie war voll Vertrauen und ließ sich weiter behandeln. Weitere 30 Behandlungen beseitigten ihre Beschwerden.