Es gibt drei Arten der Fazialisparese (Gesichtslähmung): Kälte-Typ, Hitze-Typ und den gemischten Typ. Man behandelt sie in folgender Weise mit Akupunktur oder Moxibustion.

 

1. Fazialisparese vom Kälte-Typ

Die Fazialisparese vom Kälte-Typ beginnt plötzlich und ohne Vorzeichen. Nachdem der Mund sich schief verzogen hat, sieht man manchmal eine Spannung im Gesicht. In schweren Fällen treten andere Symptome auf, wie Schmerzen hinter den Ohren oder Migräne, die nach dem Beginn der Lähmung besonders heftig werden. Der Schlaf kann gestört sein. Das Gesicht fühlt sich gespannt an. Die Nasolabialfalte ist auf der betroffenen Seite verstrichen. Die Zunge ist blass mit dünnem weißem Belag. Der Puls ist schwebend und gespannt (fú xián) oder schwebend und eng (fú jǐn).

Wenn die Erkrankung sechs Monate andauert, wird die Lidspalte auf der betroffenen Seite deutlich schmaler als auf der normalen Seite, die Nasolabialfalte wird tiefer, die Oberlippengrube weicht zu der betroffenen Seite ab, und die Gesichtsmuskeln atrophieren, versteifen oder bilden sogar Kontrakturen. Man findet manchmal auch unkoordinierte Bewegungen (z. B. Zittern der Oberlippe beim Blinzeln oder unwillkürlicher Augenschluss, wenn die Zähne gezeigt werden), Abneigung gegenüber Kälte und Bevorzugung von Wärme, Spasmen oder Kontrakturen bei Kälte, Tränen- und Speichelfluss, eine blasse Zunge mit weißem Belag, einen gleichmäßigen Puls sowie ein Spannungsgefühl an den Punkten 3E 17 (yì fěng), Gbl 12 (wán gǔ), Dü 18 (quán liáo), Gbl 16 (mù chuāng) und Gbl 17 (zhèng yíng).

Die Behandlung erfolgt nach dem Prinzip, die Kälte zu erwärmen: Wind und Kälte werden mittels Wärme vertrieben (wěn sàn fěng hán) und Blut und qì mit warmen Methoden aktiviert (wěn tōng qì xuè). Folgende Methoden sind wärmend:

  • Akupunktur mit wärmender Manipulation. Wenn die Nadel bis zur Schicht „reu“ eingestochen ist und das qì ankommt, soll man sie stark für 1 bis 2 Minuten „hineinpressen“. Wenn man dann die Nadel in die Schicht der Erde „dì“ einführt, spürt der Patient ein Wärmegefühl.
  • Warme Moxibustion.
  • Die Methode, Auflagen auf Punkte zu kleben. Ingwer wird zerrieben und zu einer Paste verrührt. Man sticht die Punkte, bis sie bluten und streicht dann die Paste darauf. Wenn sich das Gebiet warm anfühlt, wird die Auflage nach zehn Minuten entfernt.

Folgende Punkte werden ausgewählt:

  • Bei verstrichenen Stirnfalten und unvollständigem Augenschluss Gbl 14 (yáng bái) genadelt in Richtung yú yāo,
  • Bei Abflachung der oberen Stirnfalten Akupunktur von Gbl 14 (yáng bái) in Richtung Gbl 15 (tóu lín qì),
  • Bei protrahiertem Verlauf zusätzlich Gbl 16 (mù chuāng) oder Gbl 17 (zhèng yíng),
  • Bei Unfähigkeit, die Stirn zu runzeln Bl 2 (zǎn zhú),
  • Bei Tränenfluss Bl 1 (jīng míng) mit warmer Manipulation sowie Ma 8 (tóu wéi) und Gbl 15 (tóu lín qì),
  • Bei Unfähigkeit, die Nasenflügel zu bewegen Di 20 (yíng xiāng) in Richtung Ma 6 (jiá chě) und Dü 18 (quán liáo),
  • Bei Hörstörungen tiefes Einführen (1,5 cùn) am Punkt Gbl 12 (wán gǔ) mit warmer Manipulation.

Außerdem kann man zusätzlich Punkte nach der Theorie der Meridiane auswählen. Bei leichten Fällen nehme man Punkte auf dem yáng míng-Meridian z. B. Di 4 (hè gǔ), Ma 36 (zú sān Iǐ); in schwereren Fällen nehme man Punkte auf yáng míng- und shào yáng-Meridianen, z. B. die oben genannten plus 3E 5 (wài guān) und Gbl 34 (yáng líng quán), bei protrahierten Fällen ergänzt durch Gbl 40 (qiū xū).

Die Behandlung soll im akuten Stadium einmal täglich erfolgen, wobei zehn Sitzungen einen therapeutischen Zyklus bilden. Zwischen dem ersten und dem zweiten Therapiezyklus sollten 5 bis 7 Tage Zwischenraum liegen. Während des zweiten Therapiezyklus sollten die Behandlungen nur alle zwei Tage erfolgen, drei Sitzungen in der Woche. Wenn die Erkrankung länger als ein halbes Jahr besteht, sind zwei Sitzungen in der Woche sinnvoll. Wenn sie länger als ein Jahr besteht, eine Sitzung in der Woche.

In leichten Fällen ist Akupunktur allein ausreichend, um einen Therapieerfolg zu erzielen, in schweren Fällen kann man folgende Methoden ergänzen:

  • Warme Moxibustion, die der Patient einmal am Tag selber durchführen kann auf die Punkte 3E 17 (yì fěng) und Ma 6 (jiá chě) für 15 Minuten, bis lokal eine Rötung und ein Hitzegefühl auftritt. Dies ist besonders nützlich zur Behandlung von Steifheit.
  • Kombination von Auflagen auf Punkte und Akupunktur. Die Punkte werden zunächst nach der Theorie der Meridiane ausgewählt, dann je nach den lokalen Bedingungen, also z. B. yìn táng bei Unfähigkeit zum Stirnrunzeln, 3E 18 (chì mài) bei Atrophie der Gesichtsmuskulatur, Nahrungsretention und schiefem Mund oder 3E 17 (yì fěng) bei Tinnitus oder Schmerzen hinter den Ohren. Zwei oder drei Punkte benötigt man für jede Therapiesitzung, 1 bis 2 Sitzungen werden pro Woche durchgeführt.
  • Kombination von wärmender Manipulation und Akupunktur. Wärmende Manipulation ist nur indiziert bei Tränenfluss und Schmerzen hinter den Ohren mit Hörverschlechterung. In diesem Fall werden die Punkte Bl 1 (jīng míng) und 3E 17 (yì fěng) ausgewählt. Man benötigt keine wärmende Manipulation an Stellen mit dicker Muskulatur, wenn man z. B. von Gbl 14 (yáng bái) in Richtung yú yāo oder von Ma 4 (dì cāng) in Richtung Ma 6 (jiá chě) nadeln kann. Die praktische Erfahrung lehrt, dass sich der Körper an die verschiedenen therapeutischen Methoden gewöhnt. Daher sollten die erwähnten Methoden abwechselnd benutzt werden, jeweils mit 6 bis 8 Nadeln bei jeder Sitzung.

Zusätzliche Maßnahmen: Das Gesicht soll warm gehalten werden. Die Gesichtspunkte sollen massiert werden und die Funktion der Gesichtsmuskulatur muss nach der Erholung geübt werden.

 

2. Fazialisparese vom Hitze-Typ

Im ersten Stadium des Eindringens von kaltem Wind treten allgemeine Symptome auf wie bei einer gewöhnlichen Erkältung, z. B. Schmerzen hinter den Ohren, Tinnitus, Taubheitsgefühl im Gesicht, allgemeines Unwohlsein. Erst nach 2 bis 7 Tagen treten die Lähmungssymptome auf mit schiefem Mund, verzogenen Augen, gleichzeitig verschwinden die Schmerzen hinter den Ohren. Die Stirn wird weich, an der betroffenen Seite sinkt die Augenbraue ab, die Gesichtsmuskulatur wird schlaff, das Augenlid hängt, manchmal ist sogar das Sehvermögen verschlechtert, die Oberlippe hängt schief zur normalen Seite. Das sind typische Erscheinungsformen der Hitze. Symptome wie trockene Augen sind typisch für Hitze, die die Meridiane befallen hat, hohe Körpertemperatur, trockener Mund mit bitterem Geschmack, trockene Stühle, eine rote Zunge mit gelbem Belag und ein schlüpfriger und beschleunigter Puls (huá shuò) zeigen Hitze im Inneren des Körpers an.

Die Behandlung erfolgt nach dem Prinzip, die pathogene Hitze durch die Therapie zu klären: Der Wind muss verteilt und die Hitze geklärt werden (shū fěng qīng rè). Wenn eine einfache Hitze der Meridiane vorliegt, verbunden mit „heißem“ Temperament, mit bitterem und trockenem Mund, dann sind Akupunktur und Blutenlassen indiziert. Wenn über mehrere Tage Verstopfung besteht, benötigt man Arzneimittel wie in diesem Rezept, das für 2 bis 3 Arzneitränke reicht:

  • Radix Ledebouriellae (fáng fěng) 10 g
  • Radix Angelicae Dahurica (bái zhǐ) 10 g
  • Radix et Rhizoma Rhei (dà huáng) 10 g
  • Herba Taraxaci (pú gōng yīng) 20 g
  • Herba Ephedra (má huáng) 10 g
  • Semen Persica (táo rén) 6 g
  • Flos Carthami (hóng huā) 6 g

Folgende Punkte werden ausgewählt:

  • Gbl 14 (yáng bái), Ma 2 (sì bái), tài yáng
  • Ma 7 (xià guān), 3E 18 (chì mài), Di 20 (yíng xiāng)
  • Ma 4 (dì cāng), Ma 5 (dà yíng), Ma 6 (jiá chě).

Diese Gruppen von Punkten werden abwechselnd genadelt, jeweils auf der betroffenen Seite, je eine Gruppe in einer Sitzung. Es soll spitz genadelt werden, bis das Blut austritt; wenn sich die Farbe des Blutes von dunkelrot zu hellrot wandelt, soll man das Blutenlassen beenden. Im akuten und im Frühstadium soll man einmal täglich behandeln, wobei zehn Behandlungen einen Therapiezyklus bilden. Nach einer Unterbrechung von 5 bis 7 Tagen beginnt ein zweiter Therapiezyklus mit Behandlungen an jedem zweiten Tag. Wenn die Krankheit schon länger als ein halbes Jahr dauert, benötigt man zwei Sitzungen pro Woche und lässt dabei die Nadeln 15 bis 20 Minuten liegen.

 

3. Fazialisparese vom gemischten Typ mit Zeichen von Hitze und Kälte

Die Symptome sind Spannungsgefühl im Gesicht, Schmerzen, Abneigung gegen Kälte, Zuckungen aufgrund von Kälte in den Meridianen; ein hitziges Temperament, trockener Mund mit bitterem Geschmack, Blasen in Nase und Mund, trockene Stühle, eine rote Zunge mit gelbem Belag, ein schlüpfriger und schneller Puls (huá shuò) aufgrund von innerer Hitze. Die Behandlung besteht aus Wärmen der Kälte und Klären der Hitze (wěn qīng bìng yòng) mit wärmender Nadelmanipulation sowie frischen Ingwerauflagen auf den Punkten. Die Auswahl der Punkte erfolgt ähnlich wie beim Kälte-Typ. Zum Klären der Hitze benötigt man traditionelle Arzneimittel ähnlich wie beim Hitze-Typ.

Buchempfehlung

Yamamoto, Toshikatsu

Yamamoto Neue Schädelakupunktur

Das Lehrbuch der YNSA unter Mitarbeit von Helene und Michiko Yamamoto

Die Yamamoto Neue Schädelakupunktur (YNSA) ist aufgrund ihrer besonderen Wirksamkeit und Praktikabilität mittler-weile weltweit bekannt. Das einzigartige Therapiekonzept der YNSA wurde vom Autor wieder auf den neuesten Stand gebracht.