Als erste Notfallmaßnahme sollte der Patient an einen kühlen Ort gebracht werden und sofort Maßnahmen angewendet werden, um die Körpertemperatur zu senken: Man reibt den Kopf und den Körper mit warmen nassen Tüchern ab. Dann wiederholt man dies mit kalten Tüchern und föhnt den Körper. Wenn der Patient bei Bewusstsein ist, soll er während der Akupunktur verdünnte Salzlösung trinken. Wenn er bewusstlos ist, muss der Kopf tiefgelagert werden. Dann reibe man den Schweiß ab und halte den Körper warm.
Diese Vorgehensweise basiert auf den Erfahrungen aus 54 Fällen. Davon waren 36 Fälle mit Hitzschlag, 6 Fälle mit blockierter Sommerhitze und 12 Fälle Sommerhitze mit Koma. Alle Patienten wurden geheilt.
Hitzschlag bei Sommerhitze (shāng shǔ)
LG 14 (dà zhuī), Di 11 (qū chí) werden sedierend genadelt, Pk 6 (nèi guān) wird mit gleichmäßig tonisierender und sedierender Manipulation akupunktiert. Di 11 (qū chí) wird mittels Drehen und Rotieren sowie Heben und Stoßen solange behandelt, bis ein leichter Schweißausbruch sichtbar wird. Dann wird die Nadel liegengelassen. Die Drehbewegungen an der Nadel am Punkt Pk 6 (nèi guān) sollen nur leicht sein. Die Nadeln werden 20 bis 30 Minuten belassen. Die Nadeln werden entfernt, wenn die Symptome gemildert sind.
Blockierte Sommerhitze (shǔ bì)
Notfallmäßige Akupunktur mit der dreiseitigen Nadel an den Punkten shí xuān, Di 11 (qū chí) und Bl 40 (wěi zhōng) bis Blut austritt. Dann Akupunktur an den Punkten LG 26 (rén zhōng),
LG 20 (bǎi huì), KG 4 (guān yuán) und Pk 6 (nèi guān) mit rotierender Manipulation, um die Sommerhitze zu vertreiben und den Patienten wiederzubeleben. Die Manipulation wird durchgeführt, bis der Patient wiederbelebt ist. Man kann auch mit der Pflaumenblütennadel die Punkte huá tuó jiā jǐ im Nacken, am Rücken und in der Taille beklopfen, bis an diesen Stellen etwas Blut und Gewebsflüssigkeit austritt. Bei Kiefersperre muss man den Punkt Ma 6 (jiá chě) beklopfen, bei Krämpfen Gbl 20 (fěng chí), Di 4 (hè gǔ) und Le 3 (tài chōng).
Wenn der Patient das Bewusstsein wiedererlangt hat, soll man die Nadeln ziehen. Der Patient soll im Bett bleiben und beobachtet werden, bis sein Zustand wieder normal ist.
Sommerhitze mit Koma (shü jue)
Zur Stärkung von qì, Anwärmen von yáng (bǔ qì wěn yáng) und Wiederbelebung soll man an den Punkten LG 26 (rén zhōng), LG 20 (bǎi huì), Pk 6 (nèi guān) und KG 4 (guān yuán) tonisierend nadeln. KG 4 (guān yuán) und LG 20 (bǎi huì) sollen zusätzlich moxibustiert werden. Das qì der Leitbahnen wird immer weiter erschöpft durch den Verbrauch der Widerstandskraft des Körpers. Wenn also das qì-Gefühl angekommen ist, sollte deshalb die Nadel für etwa 10 bis 15 Minuten kontinuierlich manipuliert werden, um das qì der Leitbahn zu retten. Dann wird die Nadel belassen, sofern der Puls tastbar, das Koma beseitigt ist und die Gliedmaßen warm sind. Während die Nadel liegt, wird sie alle 10 bis 15 Minuten gedreht. Die Nadeln werden gezogen, wenn die Symptome gelindert sind. Dann wird der Patient noch weitere 1 bis 2 Stunden beobachtet.
Fallbeispiel
Ein 26jähriger Techniker hatte angeblich Herzklopfen, Kurzatmigkeit und einen schweren Kopf, als er während des heißen Sommers im Freien in der prallen Sonne arbeitete. Er bekam einen profusen Schweißausbruch und wurde bewusstlos. Bei der Aufnahmeuntersuchung sahen wir einen etwas adipösen Mann, der bewusstlos war, mit blassem Gesicht, öligem Schweiß, kalten Gliedmaßen, nach oben gewendeten Augen, engen Pupillen, einem rhythmischen, aber beschleunigten und schwachen Herzschlag, rauem Atemgeräusch und weichem Bauch. Milz und Leber waren nicht tastbar, die Patellarsehnenreflexe vermindert auslösbar. Es gab keine pathologischen Reflexe. Der Blutdruck war nicht messbar. Der Zungenbelag war dünn und weiß, der Puls extrem schwach.
Wenn man dieses Krankheitsbild nach der Syndromdifferenzierung analysiert, stellt man fest, dass die Ursache das starke Schwitzen durch die Sommerhitze ist, das zu einer Verminderung der Körpersäfte geführt hat. Der Patient war in einen Mangelzustand gekommen mit ausgeprägtem Verbrauch der Widerstandskraft des Körpers, und daher wurde er plötzlich bewusstlos. Dies war Sommerhitze mit Koma. Die Behandlung musste den Patienten wiederbeleben und das qì stärken.
Der Patient wurde auf den Rücken gelegt mit dem Kopf in etwas tieferer Position. Die Kleidung wurde gelockert, und der Schweiß abgerieben. LG 26 (rén zhōng), Pk 6 (nèi guān), Ma 36 (zú sān Iǐ) und N 1 (yǒng quǎn) wurden genadelt, die Punkte LG 20 (bǎi huì) und KG 4 (guān yuán) moxibustiert und KG 8 (shén què) über einer Lage Salz moxibustiert. Das Erreichen des qì-Gefühls wurde daran erkannt, dass sich ein Spannungsgefühl unter der Nadel einstellte und der getroffene Muskel anfing zu zittern. Die Nadel wurde dann mehrfach gedreht und rotiert und die Punkte mit fünf Moxakegeln moxibustiert.
Der Patient gewann sein Bewusstsein wieder und stöhnte mit leiser Stimme. Er öffnete die Augen und klagte über zu große Hitze an den moxibustierten Punkten. Nach weiterem Drehen der Nadeln und Abbrennen von weiteren 12 Moxakegeln war er völlig bei Bewusstsein und sprach mit klarer Stimme. Nun wurde ihm salziges und süßes Wasser zu trinken gegeben. Nachdem das Schwitzen aufhörte, die Glieder warm, der Puls gleichmäßig und der Blutdruck stabil bei 120-130/60 mmHg waren, wurden Akupunktur und Moxibustion unterbrochen.
Der Patient hatte insgesamt 30 Manipulationen mit Drehen und Rotieren und 15 Moxakegel erhalten. Am nächsten Tag kam er zur Nachuntersuchung, war bei klarem Verstand mit gerötetem Gesicht und freier Sprache. Er klagte über leichten Schwindel, als er wieder nach Hause ging, und war allgemein etwas erschöpft. Der Blutdruck war 120/70 mmHg, der Zungenbelag war feucht, der Puls schwach.
Ein Koma bei Sommerhitze ist ein gefährlicher Krankheitszustand, deshalb soll man gleichzeitig nadeln und moxibustieren und solange tonisierend manipulieren, bis das Bewusstsein und der Puls wiederkehren.
LG 20 (bǎi huì), KG 4 (guān yuán) und KG 8 (shén què) sollen ohne zeitliche Begrenzung solange moxibustiert werden, bis der Schweißausbruch zum Stillstand gekommen ist und die Gliedmaßen warm sind. Tonisierung an den Punkten LG 26 (rén zhōng) und N 1 (yǒng quǎn) kann die Öffnungen des Oberen Erwärmers aufmachen und qì und yáng stärken, während Pk 6 (nèi guān) und Ma 36 (zú sān Iǐ) die Funktionen des Herzens stimulieren und die yáng míng-Leitbahn anregen. Moxibustion an LG 20 (bǎi huì), dem Punkt, an dem das yáng des ganzen Körpers zusammenfließt, führt zur Wiederbelebung.
Auch starke Moxibustion an den Punkten KG 4 (guān yuán) und KG 8 (shén què) ist hilfreich zur Wiederbelebung des yáng. Alle diese Maßnahmen sind wirksam, um die Krankheit zu heilen.