Bei Hysterie wird während eines Anfalls symptomatisch behandelt. Entsprechende Punkte werden ausgewählt. Im Intervall zwischen den Anfällen wird Wurzel der Erkrankung bestimmt und behandelt:

Man wählt Punkte auf den Meridianen Herz, Leber und Niere und manipuliert mit neutralen Methoden. Man kann abwechselnd auch mit der Pflaumenblütennadel an den Zustimmungspunkten des Rückens behandeln oder die Punkte Herz, Leber, Niere und shén mén am Ohr mit Dauernadeln versehen. Dabei werden ein oder zwei Punkte in jeder Sitzung behandelt. Die Nadeln werden drei bis vier Tage liegengelassen.

Wählt man Punkte auf dem Herzmeridian, so akupunktiert man mit Durchstichmethode: Mit einer 1 cùn langen Nadel sticht man die Punkte den Arm hinauf mit neutraler Manipulation. Man behandelt jeden Tag nur eine Seite und wechselt täglich. Beispielsweise akupunktiert man am ersten Tag den Punkt H 7 (shén mén) in Richtung H 6 (yīn xī) links, am zweiten Tag genauso am rechten Arm, am dritten Tag H 6 (yīn xī) in Richtung H 5 (tōng lǐ) links, dasselbe auf der rechten Seite am vierten Tag, am fünften Tag akupunktiert man H 5 (tōng lǐ) in Richtung H 4 (líng dào) links, im sechsten Tag dasselbe rechts, usw. Nach dem Erreichen des Nadelgefühls sollen die Nadeln schnell hineingedrückt und langsam gedreht werden. Die Nadeln werden liegengelassen, wenn das Nadelgefühl sich über den Ellenbogen hinaus ausbreitet.

An den Zustimmungspunkten am Rücken wird mit einer dünnen 1,5 cùn langen Nadel subkutan akupunktiert. Es wird nur eine Seite täglich alternierend behandelt. Beispielsweise akupunktiert man am ersten Tag Bl 15 (xīn shū) in Richtung Bl 16 (dū shū) auf der rechten Seite, am nächsten Tag ebenso auf der anderen Seite. Am dritten Tag akupunktiert man Bl 18 (gān shū) in Richtung Bl 19 (dǎn shū) rechts, am vierten Tag ebenso auf der linken Seite. Am fünften Tag sticht man Bl 23 (shèn shū) rechts in Richtung Bl 24 (qì hǎi shū) und ebenso am sechsten Tag auf der linken Seite. Auch hier wird die Nadel nach dem Erreichen des Nadelgefühls langsam gedreht, um das qì nach unten zu bewegen. Man soll die Nadel nicht schnell heben und senken. An allen Punkten werden die Nadeln 15 bis 20 Minuten liegengelassen und währenddessen zwei- bis dreimal manipuliert.

Wenn man die zwei Gruppen von Punkten in dieser Weise miteinander kombiniert, kann man das Herz klären, den Patienten beruhigen (qīng xīn ān shén) und Leber und Nieren regulieren (tiáo lǐ gān shèn). Die gute Wirkung kann mit zusätzlichen Ohrdauernadeln noch verbessert werden, ebenso durch intermittierendes Beklopfen der Zustimmungspunkte am Rücken mit der Pflaumenblütennadel.

Bei der symptomatischen Behandlung der Erscheinungsform der Hysterie muss man flexibel sein:

  • Bei unkontrollierbaren Lachanfällen akupunktiert man LG 26 (rén zhōng) und Pk 6 (nèi guān);
  • bei Sehverlust Bl 1 (jīng míng) oder yú yāo;
  • bei Aphasie akupunktiert man KG 23 (lián quán) und LG 15 (yǎ mén);
  • bei Schwerhörigkeit Dü 19 (tīng gōng) und Gbl 2 (tīng huì);
  • bei Lähmungen der Gliedmaßen oder Missempfindungen wählt man Punkte entsprechend der Meridiantheorie aus, oder man behandelt mit der Pflaumenblütennadel.

Fallbeispiel Hysterie

Eine 26jährige Frau fiel plötzlich in Ohnmacht. Sie war bei der Untersuchung bewusstlos. Ihr Gesicht war gerötet, die Augen geschlossen, sie antwortete nicht auf Anruf, der Nacken, die Füße und der Rumpf waren steif, alle vier Extremitäten zitterten, die Pupillen waren gleichweit. Sie zeigte weder pathologische Reflexe noch pathologische Befunde an Herz, Lunge, Bauch, Leber und Milz. Die Pulse waren schmal und beschleunigt (xián shuò), die Zunge rot mit dünnem gelbem Belag. Die Diagnose lautete: Stagnation der Leber und Umwandlung in Feuer (gān qì yù jié huà huǒ), das die Klarheit des Geistes beeinträchtigt. Weil der Leber die Sehnen zugeordnet sind, erklärt sich die Steifheit der Gliedmaßen. So lautete die westliche Diagnose: Hysterie.

Zur Behandlung musste man das Wasserelement nähren, damit das Feuer bekämpft werden konnte (zī shuǐ jì huǒ), sowie die Leber zerstreut, die Stagnation aufgelöst und die Patientin wiederbelebt werden (shū gān jiě yù kāi qiào). Der Brunnenpunkt des shǎo yīn-Meridians Fuß N 1 (yǒng quǎn) wurde mit einer 1 cùn langen Nadel sechs bis sieben fěn tief akupunktiert.

Da die Patientin bewusstlos war, musste das Erreichen des Nadelgefühls durch gute Beobachtung festgestellt werden. Normalerweise bemerkt man zwei Zeichen für das Nadelgefühl. Das objektive Zeichen ist ein Widerstand unter der Nadel, verbunden mit einem Zittern der Muskeln oder der Gelenke entlang des Meridianverlaufs. Das subjektive Zeichen ist ein lokales Gefühl von Wundheit, Schwellung oder Taubheit, das sich nach distal ausbreitet.

In diesem Fall war natürlich das objektive Zeichen ausschlaggebend. Die Nadel wurde festgehalten und kontinuierlich gehoben und gesenkt, außerdem gedreht, und dabei kontrahierte die Patientin die Zehen und den Fuß. Sie erlangte daraufhin ihr Bewusstsein wieder, öffnete die Augen und klagte über das Gefühl von Wundheit und Schwellung an ihrer Fußsohle, das sich bis zum Knie hin ausbreitete. Die Nadel an N 1 (yǒng quǎn) wurde entfernt. Am Punkt Herz im rechten Ohr bekam sie eine Dauernadel. Die Patientin konnte dann zu Fuß nach Hause gehen.

Behandlung der Krankheitserscheinungen von Hysterie während der Anfälle und der Ursachen (Wurzel) von Hysterie im Intervall