Wenn der Impotenz ein Mangelzustand der Niere zugrunde liegt (shèn yáng xū shǔn), kann man sie behandeln, indem man das yáng der Niere mit warmen Methoden tonisiert (wěn bǔ shèn yáng) und damit die Abwehrkraft des Körpers stärkt, außerdem muss man das yīn der Niere füllen (fú zhèng yì yīn) durch Akupunktur an lokalen Punkten oder nach der Leitbahntheorie: Im Wesentlichen durch Punkte auf dem Konzeptionsgefäß, dem Lenkergefäß, dem Blasenmeridian und Magenmeridian und durch Moxibustion.

Ist die Impotenz durch sehr starke Emotionen entstanden, nimmt man zusätzlich Punkte auf dem Herzmeridian und dem Milzmeridian, und je nach Syndrom kann man auch moxibustieren. Bei jungen Patienten, die spät heiraten, benötigt man Psychotherapie.

Punktauswahl bei Impotenz

Folgende Hauptpunkte werden ausgewählt: Bl 23 (shèn shū), Bl 32 (cì liáo), KG 4 (guān yuán) und Ma 30 (qì chōng)

Zusätzliche Punkte sind: MP 6 (sān yīn jiāo), LG 4 (mìng mén), N 3 (tài xī), KG 3 (zhōng jí), Ma 36 (zú sān Iǐ), Bl 15 (xīn shū) und Bl 52 (zhì shì).

Je nach dem klinischen Bild kann man die Punktauswahl modifizieren.

Methode

Man akupunktiert die Punkte am Rücken in Bauchlage. Hier werden die Nadeln nach dem Erreichen des qì-Gefühls nicht liegengelassen. Dann legt sich der Patient in Rückenlage und die Punkte auf dem Bauch und an den Beinen werden akupunktiert. Hier werden die Nadeln 30 Minuten liegengelassen. Wenn es nötig ist, moxibustiert man am Punkt KG 4 (guān yuán) 20 Minuten lang.

An den Punkten des Abdomens führt man die Nadeln vertikal oder in einem Winkel von 75° etwa 1,5 bis 2 cùn tief ein und dreht sie dann in die Tiefe vor, bis das Nadelgefühl ins Perineum und in die Glans penis strahlt. Wenn die Patienten das Nadelgefühl nur sehr schwach empfinden, wird die Nadel länger liegengelassen, oder man drückt leicht mit den Fingern auf die Punkte oberhalb oder unterhalb der akupunktierten Punkte entlang des Meridians. Die Nadel wird solange gedreht, bis das Nadelgefühl empfunden wird.

Man behandelt jeden zweiten Tag, und 20 Behandlungen bilden einen Therapiezyklus. Wenn das Ergebnis noch nicht zufriedenstellend ist, kann man einen zweiten Zyklus nach einer Pause von sieben Tagen durchführen. Einige Patienten beginnen ein normales Sexualleben nach drei bis fünf Behandlungen. Auch wenn die Behandlung wegen Arbeitsüberlastung unterbrochen wird, kann bei einem Rezidiv mit derselben Behandlung wieder ein Erfolg erreicht werden.

Fallbeispiel

Ein 35jähriger Arbeiter war seit fünf Jahren impotent. Er hatte nur ein geringes sexuelles Bedürfnis und ejakulierte immer zu früh, unmittelbar nachdem der Penis Kontakt bekam. Dadurch war sein Sexualleben erheblich gestört. Er litt an Schwindel, Tinnitus, Schwächegefühl in der Taille und in den Knien, fror leicht, besonders an den Füßen, und musste nachts oft Wasser lassen. Er hatte schon viele Hundert Portionen traditioneller Medikamente ohne Erfolg zu sich genommen.

Bei der Untersuchung hatte er einen fahlen Gesichtsausdruck, seine Zunge war rosa mit spärlichem fettigem Belag, der Puls war versunken, schmal und schwach (chén xì ruò). Die Diagnose lautete: Mangel an yáng in der Niere (shèn yáng bù zú), Abfall des Feuers im Tor des Lebens (mìng mén huǒ shuāi), das führte zu Mangel an Samen (jīng qì bù gù).

Die Behandlung musste die Nieren wärmen, um das yáng zu stärken (wěn shèn zhuàng yáng), das qì zu tonisieren und den Samen zu festigen (yì qì gù jīng). Dazu wurden die Punkte Bl 23 (shèn shū), Bl 32 (cì liáo), KG 4 (guān yuán) und Ma 30 (qì chōng) ausgewählt sowie als zusätzliche Punkte Ma 36 (zú sān Iǐ), N 3 (tài xī) und MP 6 (sān yīn jiāo). Außerdem wurde am Punkt KG 4 (guān yuán) 30 Minuten lang moxibustiert.

Es wurde an jedem zweiten Tag behandelt. Schon nach einer Behandlung war seine Libido gesteigert, der Penis erigierte gelegentlich, das Schwächegefühl in Taille und Knien war gebessert und ebenso seine Stimmung. Nach drei Therapiezyklen ging es ihm wieder gut.