Die Ursachen für Ischiolumbalgien („Ischias“-Beschwerden) sind Bandscheibenvorfälle und hypertrophe Spondylitis. Wir behandeln diese Schmerzen mit der Methode der „Neun-Palast-Punkte“ (jiǔ gōng xué).

Zur Punktlokalisierung sucht man zunächst den schmerzempfindlichsten Punkt am Rumpf. Auch das Röntgenbild kann herangezogen werden, um den schmerzempfindlichsten Dornfortsatz herauszufinden. Dieser wird der mittlere Palast (zhōng gōng) genannt. Die Wirbel oberhalb und unterhalb sind der obere und untere Palast (qián gōng und kūn gōng). Jeweils 0,8 cùn seitlich bzw. oberhalb und unterhalb sind ebenfalls Punkte, die zusammen die „Neun-Palast-Punkte“ bilden.

Vorgehensweise bei Ischiolumbalgie

Der Punkt zhōng gōng wird zuerst schräg nach kranial 0,8 bis 1,2 cùn genadelt, dann in gleicher Weise kūn gōng und qián gōng. Dann sticht man die seitlichen Punkte in der Reihenfolge von kaudal nach kranial. Dabei werden die Nadelspitzen immer schräg auf den Wirbelkörper gerichtet. Nach dem Erreichen des Nadelgefühls werden die Nadeln mit großer Amplitude manipuliert.

Fallbeispiel: Ischiolumbalgie

Ein 46iähriger Arbeiter kam mit Klagen über heftige Schmerzen im Rumpf und im Bein, die seit 20 Tagen bestanden. Drei Jahre zuvor hatte er plötzlich Schmerzen im Rumpf bekommen, als er sich schwer beladen falsch bewegt hatte. Damals konnte er nicht sitzen und humpelte. Nach Therapie mit Massagen, Medikamenten und lokaler Applikation von Kräutern besserten sich seine Beschwerden. In den letzten zwei Jahren hatte er immer wieder Schmerzen im Rumpf und in den Beinen, die nach Erschöpfung und nachts schlimmer wurden. Vor 20 Tagen musste er niesen und drehte seinen Körper dabei so unglücklich, dass er plötzlich heftige Schmerzen in seinem rechten Bein bekam. Er konnte nicht stehen und drehte sich beim Gehen immer auf die rechte Seite.

Bei der Untersuchung hatte er einen gequälten Gesichtsausdruck, musste sich anlehnen und humpelte. Der Lasegue-Test war positiv, die Muskeleigenreflexe an Knie und Fuß waren abgeschwächt. Die Sensorik war an der lateralen Seite des Beines vermindert. Die Dornfortsätze des vierten und fünften Lendenwirbels waren druckschmerzhaft. Im Röntgenbild war die Wirbelsäule nach links gebogen, mit normalen Intervertebralräumen und intakten Vorderkanten. Im CT zeigte sich jedoch ein Prolaps der Bandscheibe L 4/5. Die knöchernen Anteile der kleinen Wirbelgelenke L 3-5 waren hypertroph. Die Diagnose lautete: Irritation der Ischiaswurzel durch Bandscheibenvorfall. Die Diagnose nach der TCM lautete: Verletzung der Sehnen und der Niere durch Trauma mit Stagnation von qì und Blutstase, die die Meridiane blockieren.

LG 3 (yāo yáng guān) wurde als mittlerer Palast (zhōng gōng) identifiziert und genadelt. Ebenso wurden die anderen Punkte nach der oben beschriebenen Regel akupunktiert. Die Nadeln wurden 30 Minuten belassen und alle zehn Minuten manipuliert. Anschließend wurde an den Punkten jeweils 1 ml Prednisolon plus 1 ml 20%iges Procain injiziert. Nach drei Behandlungen waren die Schmerzen merklich gelindert. Nach sechs Behandlungen konnte er sitzen, das Bein heben und den Rumpf beugen. Nach zwölf Behandlungen war der Schmerz im Wesentlichen verschwunden. Der Patient konnte sich frei bewegen.

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