Die Behandlungsmethode „Die alten zehn Nadeln“ ist die Therapie der ersten Wahl bei gastrointestinalen Erkrankungen: Magenschmerzen, Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen mit Stagnation von Nahrung, Verstopfung und Durchfall. Es handelt sich um eine harmonisierende Methode (hé fǎ).

Punktauswahl

KG 13 (shàng wǎn), KG 12 (zhōng wǎn), KG 10 (xià wǎn), KG 6 (qì hǎi) und Ma 25 (tiān shū), Pk 6 (nèi guān), Ma 36 (zú sān Iǐ) jeweils beidseits. Die Akupunktur an diesen Punkten reguliert das Innere (tiáo zhōng), stärkt die Milz (jiàn pí), reguliert qì (lǐ qì), harmonisiert das Blut (hé xuè), hilft die trüben Substanzen abzusenken (jiàng zhuó) und die klaren Substanzen nach oben zu leiten (shěng qīng). Von den angeführten Punkten sind KG 12 (zhōng wǎn) und Ma 36 (zú sān Iǐ) die Hauptpunkte, während die anderen als zusätzliche Punkte wirken. Manipuliert wird tonisierend oder sedierend je nach der Art der Erkrankung. Bei Kälte-Syndromen soll man zusätzlich moxibustieren.

Modifikationen

Je nach Syndrom wird die Therapie modifiziert:
  • Wenn man KG 12 (zhōng wǎn) und KG 10 (xià wǎn) weglässt und dafür Le 13 (zhǎng mén) und Le 3 (tài chōng) nadelt, nennt man die Methode „Die alten Fülle-Nadeln“. Hier bedeutet Fülle, dass die Milz aufgefüllt (shí pí) wird mit dem Ziel, die Leber zu zerstreuen (shū gān) und qì zu regulieren (Iǐ qì).
  • Wenn Milz und Magen kräftig und in Harmonie sind, kann Blut und qì gebildet werden. Wenn man Di 11 (qū chí) und Di 4 (hé gǔ) zusätzlich nadelt, so bewirkt das eine Stärkung der Milz (jiàn pí) und Harmonisierung des Magens (hé wèi), und damit kann das gegenläufig aufbrausende qì unterdrückt (jiàng nì) und Erbrechen gestillt werden (zhǐ tù). Dies ist indiziert bei Erbrechen, Aufstoßen und Durchfällen aufgrund von einer Disharmonie des Magens, um die Energien des Magens abzusenken.
  • Nadelt man MP 6 (sān yīn jiāo) und moxibustiert KG 4 (guān yuán) zusätzlich, so kann man zusätzlich qì stärken (yì qì) und das Innere wärmen (wěn zhōng), um die Kälte zu vertreiben (sàn hán). Das ist indiziert bei Magenschmerzen durch Mangel und Kälte in Milz und Magen (pí wèi xū hán) oder direkte Einwirkung von Kälte (hán xiè).

Fallbeispiel: Magenschmerzen

Eine 43jährige Frau klagte über Magenschmerzen, die seit mehreren Jahren immer wieder auftraten und die durch emotionale Störungen ausgelöst wurden. Die Schmerzen waren unregelmäßig und gleichzeitig traten übelriechende Blähungen auf. Die Bauchschmerzen verlangten nach Druck auf den Bauch. Die Patientin hatte ihren Appetit verloren, der Stuhlgang war weich, die Zunge blass mit dünnem weißem Belag. Der Puls war gespannt (xián) und schmal (xì). Die Diagnose lautete; Stagnation der Leber (gān yù) und Stagnation von qì (qì zhì), Mangel und Kälte in Milz und Magen (pí wèi xū hán). Die Behandlung musste nach dem Prinzip erfolgen, die Leber zu zerstreuen (shū gān), qì zu regulieren (Iǐ qì), das Innere zu wärmen (wěn zhōng). Kälte auszuleiten (sàn hán). Die Methode „Die alten zehn Nadeln“ wurde angewendet; zusätzlich wurde Le 13 (zhǎng mén) gestochen, und KG 12 (zhōng wǎn) und Ma 25 (tiān shū) moxibustiert. An dem Punkt Le 13 (zhǎng mén) wurde sedierend manipuliert, an den anderen Punkten wurde tonisiert. Nach einer Therapiesitzung war der Schmerz weitgehend vermindert, und der Appetit verbessert. Dann wurde auf die gleiche Weise viermal an jedem zweiten Tag behandelt. Anschließend war der Schmerz beseitigt, und der Stuhlgang normalisiert. Weitere zwei Sitzungen wurden zur Festigung des Therapieergebnisses durchgeführt. Nach zwei Monaten wurde die Patientin nachuntersucht. Sie hatte keinen Rückfall erlitten.
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