Epistaxis (Nasenbluten) ist eine akute Erkrankung, und die wesentliche therapeutische Maßnahme ist die Blutstillung. Professor Wang Deguang akupunktiert hier einen Punkt auf dem Lenkergefäß, der 1 cùn oberhalb von
liegt (der Punkt ist noch namenlos), und erzielt damit gute Ergebnisse.Vorgehen
Nach dem Einstechen der Nadel senkt man die Nadelspitze nach kaudal, so dass der Schaft in einem Winkel von 15 bis 20° zur Haut liegt. Dann schiebt man die Nadel unter der Haut bis zum Nasenknochen unterhalb des Punktes yìn táng vor. Man dreht die Nadel, während man sie vorschiebt, um ein Nadelgefühl zu erzeugen, das in die Nasenhöhle zieht. Diese Manipulation sollte die Blutung sofort stillen.
Die Nadel wird dann 20 Minuten lang liegengelassen. Wenn die Blutung nicht nach fünf Minuten steht, manipuliert man die Nadel alle fünf Minuten mit starker Stimulation, bis die Blutung steht. Man kann auf diese Weise alle Arten von Nasenbluten aufgrund von Hypertension, Bluterkrankungen, hohem Fieber oder Lebererkrankungen sehr wirkungsvoll behandeln.
Wenn die Blutungen immer wieder auftreten, kann man zusätzlich Di 4 (hè gǔ), Lu 3 (tiān fǔ) und N 6 (zhào hǎi) akupunktieren. Diese Punkte werden neutral manipuliert. Damit kann man die Wirkung der Akutbehandlung festigen.
Pathologie der Epistaxis
Nasenbluten tritt meist bei Verletzungen der yáng-Meridiane auf und steht daher in enger Beziehung zu den yáng-Meridianen Magen und Dickdarm. Das Lenkergefäß, das durch die Nase in den Mund hinein verläuft, beherrscht und regiert alle yáng-Meridiane. Daher aktiviert schon die Akupunktur des Punktes yìn táng den Fluss von qì und Blut (qì xuè tōng chàng), harmonisiert yīn und yáng (yīn yáng xié tiáo), und so kann das Blut in den Meridianen normal fließen.
Fallbeispiel Epistaxis (Nasenbluten)
Ein 41jähriger Angestellter litt seit drei Jahren an rezidivierendem Nasenbluten, das alle paar Monate auftrat. Nachdem er im Anschluss an eine sehr arbeitsreiche Phase mit zwei schlaflosen Nächten drei Stunden lang Nasenbluten bekam, wurde er in der Hals-Nasen-Ohren-Abteilung des lokalen Krankenhauses mit Tamponade der Nasenhöhle und kalten Kompressen auf der Nase behandelt. Aber die Blutung ging noch einen halben Tag lang durch den Mund weiter. Daraufhin wurde eine hintere Nasentamponade gelegt. Die Blutung durch den Mund stand dann, aber neben dem medialen Augenwinkel trat die ganze Nacht lang weiterhin Blut aus. Auch die Injektion von Hämostyptika half nicht weiter.
Der Patient klagte über Spannungsgefühl in der Nase, nervöse Unruhe, Rauschen in den Ohren, Übelkeit, trockenen Mund, mochte aber nicht trinken. Bei der Untersuchung hatte er einen schmalen und beschleunigten Puls (xì shuò), die Zunge war rot mit dünnem weißem Belag. Die Körpertemperatur betrug 36,5° C, der Blutdruck 150/90 mmHg, Herz, Lunge, Leber, Milz und die Routineuntersuchungen des Blutes ergaben keinen pathologischen Befund.
Die Diagnose lautete: Unterdrückung des yīn durch Verbrauch (jī láo shāng yīn) mit Stagnation von Blut und qì (qì xuè zhō liú bú chàng), Verletzung der yáng-Verbindungsgefäße durch aufsteigendes leeres Feuer (xū huǒ shàng yán sǔn jí yáng luò).
Die Kompressen wurden aus der Nase entfernt. Die blutige Tränensekretion hörte sofort auf, aber die Blutung aus Nase und Mund begann erneut. Nun wurde wie oben beschrieben mit einer 2 cùn langen dünnen Nadel akupunktiert. Das Deqi-Gefühl stellte sich gleich in der Nasenhöhle ein, und die Blutung ließ nach. Die Nadel wurde dann alle fünf Minuten durch Drehen manipuliert. Nach dem Entfernen der Nadel stand die Blutung. Nun wurden die Punkte H 7 (shén mén) und N 6 (zhào hǎi) akupunktiert und leicht stimuliert, denn der Patient hatte drei Nächte nicht geschlafen. Nach der Akupunktur schlief er tief und fest einen halben Tag lang. Anschließend fühlte er sich besser. Er wurde fünf Jahre lang nachuntersucht und hatte in dieser Zeit keinen Rückfall mehr.