In der TCM werden Schockzustände unter den Krankheitsdiagnosen Koma, Synkopen oder Ähnlichem mit gleichzeitiger Erschöpfung von yīn (wáng yīn) oder Erschöpfung von yáng (wang yáng) abgehandelt und je nach den klinischen Erscheinungen therapiert.
Ein Schockzustand kann diagnostiziert werden, wenn der Blutdruck abfällt (systolisch unter 80 mmHg oder 25% unter dem normalen Blutdruck), das Gesicht blass ist, der Gesichtsausdruck teilnahmslos, bei gleichzeitigem Schweißausbruch und kalten Gliedmaßen.
Dies kann mit Akupunktur und Moxibustion behandelt werden. Zur Wiederbelebung werden LG 26 (rén zhōng), Pk 6 (nèi guān), LG 20 (bǎi huì), KG 6 (qì hǎi), KG 4 (guān yuán) mit dünnen Nadeln tonisierend gestochen und moxibustiert. KG 8 (shén què) wird nur mit Moxibustion über Salz behandelt.
Wenn die Atmung schwach ist, die Lippen zyanotisch sind, die Zunge massig ist, und der Puls schmal und kraftlos ist (xi wu li) aufgrund der Erschöpfung von yáng und qi, akupunktiere man Lu 9 (tài yuān) und den Punkt huàn mén, der sich 1,5 cùn lateral des 5. Brustwirbels befindet.
Wenn Durst empfunden wird, der Hals trocken ist, der Patient sehr unruhig ist, die Zunge blass ist, und der Puls schwach und beschleunigt oder leer ist aufgrund der Erschöpfung von yīn und Blut, akupunktiere man H 7 (shén mén) und N 3 (tài xī).
Wenn die Bewusstseinsstörung in ein Koma mündet mit schwacher Atmung und leisen Herztönen mit sehr schwachem Puls durch die Erschöpfung von qì und Blut, soll man die neun Wiederbelebungspunkte nadeln und moxibustieren: LG 15 (yǎ mén), Pk 8 (láo gōng), Di 4 (hè gǔ), KG 12 (zhōng wǎn), Gbl 30 (huán tiào), Ma 36 (zú sān Iǐ), MP 6 (sān yīn jiāo), N 3 (tài xī), N 1 (yǒng quǎn).
Diese Behandlungen können den Patienten wiederbeleben und das Innere wärmen, damit das yáng sich erholen kann. Im Einzelnen wirkt LG 26 (rén zhōng), indem er den Geist klärt. Pk 6 (nèi guān) tonisiert das Herz, LG 20 (bǎi huì) hebt das yáng und belebt den Geist; Moxibustion an den Punkten KG 8 (shén què), KG 6 (qì hǎi) und KG 4 (guān yuán) nährt das ursprüngliche qì und lässt yáng sich erholen.
Fallbeispiel 1
Der Ehemann einer 36jährigen Frau erklärte, dass in den letzten vier Monaten ihre Menstruation heftig war und in einem Krankenhaus die Diagnose „funktionelle uterine Blutung“ gestellt worden war. Sie war mit traditionellen Kräutern und Injektionen von Agrimonium zunächst erfolgreich behandelt worden. Im jetzigen Zyklus trat jedoch wieder eine sehr starke Blutung auf. Die Patientin wurde bewusstlos und bekam kalte Gliedmaßen.
Bei der Untersuchung war der Puls klein (wěi), das Bewusstsein beeinträchtigt, die Glieder kalt. Diese Synkope war ein hämorrhagischer Schock, entstanden durch die sehr starke Menstruationsblutung. Nach der oben angegebenen Behandlungsvorschrift wurde die Patientin zur Wiederbelebung und zur Erholung des yáng behandelt.
Zusätzlich wurde am Punkt MP 1 (yīn bái) moxibustiert und MP 6 (sān yīn jiāo) genadelt, um die Milz zu stärken, damit sie den Blutfluss kontrollieren kann. Nach 20 Minuten war die Blutung gestillt, nach 30 Minuten waren die Gliedmaßen warm, der Puls wieder palpierbar, und die Patientin war bei vollem Bewusstsein. Sie bekam anschließend ein Dekokt von
Radix Codonopsis Pilosula (dǎng shěn) 40 g,
Radix Aconitum Coquita (shú fù pìan) 15 g,
Os Draconis Calcinatus (duàn lóng gǔ) 15 g,
Concha Ostreae Calcinata (duàn mǔ lì) 30 g,
Collum Corii Asini (chén ě jiāo) 30 g,
vermischt mit 10 g von „Powder of Ten Ashes (shí huī sǎn)“.
Die Patientin war nach einer Akupunktursitzung und drei Portionen dieses Dekoktes geheilt.
Fallbeispiel 2
Der Vater eines vierjährigen Jungen berichtete, dass sein Sohn seit 6 bis 7 Tagen an Husten leide, der seit drei Tagen schlimmer würde. Der Junge sei kurzatmig und heiser und habe sehr viel Auswurf. Im Krankenhaus wurde eine Diphtherie mit viralem Schock diagnostiziert und Penicillin injiziert.
Bei der Untersuchung war der Junge bewusstlos mit hohem Fieber. Seine Augäpfel waren fixiert, der Mund geöffnet, die Lippen bläulich. Er hob die Schultern beim Atmen, und die Atmung klang rasselnd. Sein Rachen war mit weißen Pseudomembranen belegt. Die Atmung wurde während der Untersuchung immer eingeschränkter, und der Patient wurde zyanotisch. Plötzlich bekam er mit geöffnetem Mund einen Atemstillstand. Das war eine sehr gefährliche Situation.
LG 26 (rén zhōng), LG 20 (bǎi huì), que shang (5 fěn oberhalb von yìn táng) und Lu 11 (shào shāng) wurden bis zum Blutaustritt punktiert, um die Hitze zu klären und das Bewusstsein wiederzubeleben.
Dann wurden KG 22 (tiān tú) und Ma 40 (fěng lóng) genadelt, um den zähen Schleim zu vermindern; anschließend wurden Pk 6 (nèi guān) und Lu 9 (tài yuān) genadelt, um die Lunge zu öffnen und die Gefäße zu reinigen.
Nach einer Minute schnellen Nadelns erholte sich das Kind und begann wieder schwach zu atmen, auch das Bewusstsein kehrte zurück. Es wurden dann drei Portionen des Dekoktes zum Nähren von yīn und Klären der Lunge gegeben. Damit war der Junge geheilt.