Auch wenn sich die rheumatische Arthritis in den Gliedmaßen zeigt, muss die Behandlung entsprechend den unterschiedlichen Krankheitsursachen und Symptome sowie der allgemeinen Situation und der Konstitution des Patienten geplant werden.
Rheumatische Arthritis vom Hitze-Typ
Bei rheumatischer Arthritis vom Hitze-Typ mit Fieber, Kopfschmerzen, Widerwillen gegen Wind, mit einer roten Zungenspitze und dünnem gelbem Zungenbelag, mit schwebendem und schnellem (fú shuò) oder schwebendem und schlüpfrigem (fú huá) Puls sollte sich die Behandlung nach folgendem Prinzip richten: „Bei Erkrankungen, die durch Wind verursacht werden, muss man zuerst das Blut behandeln, denn der Wind wird von allein ausgetrieben werden, nachdem das Blut belebt wurde.“
Zur Punktauswahl orientiert man sich nach der Leitbahntheorie und benutzt Nahpunkte oder Fernpunkte auf den drei yáng-Leitbahnen:
- Bei Schmerzen im Handgelenk Di 4 (hè gǔ) oder 3E 5 (wài guān)
- Bei Schmerzen im Knie Ma 36 (zú sān Iǐ) oder Gbl 31 (fěng shì).
- Anschließend werden die wesentlichen Zustimmungspunkte am Rücken genadelt, also Bl 18 (gān shū) (die Leber kontrolliert das Blut), Bl 17 (gé shū) (der Zusammenfluss des Blutes), Bl 20 (pí shū) (die Milz herrscht über das Blut).
- Außerdem werden Punkte akupunktiert, die den Wind ausleiten und die Leitbahnen öffnen, wie Gbl 20 (fěng chí) bei Kopfschmerzen, Bl 12 (fěng mén) bei Schmerzen in den Armen und Gbl 31 (fěng shì) bei Schmerzen in den Beinen.
Rheumatische Arthritis vom Mangel- und Kälte-Typ
Bei rheumatischer Arthritis vom Typ Mangel und Kälte mit schwacher körperlicher Konstitution ohne Schwellungen am Ort der Erkrankung, ohne Farbveränderungen oder nur mit einer leichten Rötung, ohne allgemeine Symptome, mit schwebendem, schmalem und beschleunigtem Puls (fú xì shuò mài), mit einer blassen Zunge mit dünnem weißem Zungenbelag sollte man sowohl akupunktieren als auch moxibustieren und neutral manipulieren.
Um die Wurzel (Ursache, Syndrom) der Erkrankung zu behandeln, sollte man über einer Scheibe Ingwer moxibustieren an den Punkten Bl 18 (gān shū), Bl 17 (gé shū), Bl 20 (pí shū), Bl 23 (shèn shū) und Ma 36 (zú sān Iǐ). Dabei werden bei jeder Sitzung im Wechsel zwei Punkte mit jeweils 5 bis 7 Moxakegeln behandelt, um so das Blut zu nähren und den Wind auszutreiben.
Zur Behandlung der Erscheinungsform der Erkrankung werden lokale Punkte ausgewählt und mit Akupunktur und Moxibustion behandelt sowie mit der Pflaumenblütennadel über den huá tuó jiā jǐ-Punkten beklopft, um so Blut und qì zu bewegen.
Rheumatische Arthritis vom Typ bì-Syndrom
Bei einem wandernden bì-Syndrom (xíng bì) zeigen sich die Krankheitserscheinungen meistens in den Eingeweiden, deshalb muss die Behandlung ganzheitlich sein. Beim Auftreten von Palpitationen, Kurzatmigkeit oder unregelmäßigen Herzaktionen oder auch wenn Beinödeme vorhanden sind, soll man BI 15 (xīn shū), Bl 16 (dū shū), Bl 14 (jué yīn shū), Pk 6 (nèi guān) und H 7 (shén mén) neutral akupunktieren, um den Geist zu beruhigen (níng xīn ān shén).
Fallbeispiel
Ein 34jähriger Mann hatte seit zwei Tagen Halsschmerzen mit Fieber gehabt, als sein rechtes Knie schmerzhaft anschwoll. Nach fünf Tagen trat dasselbe am linken Knie auf, während sich das rechte in der Zwischenzeit erholt hatte. Die BKS war 35 mm/Std. Er bekam Medikamente, die ihm jedoch nicht halfen.
Bei der Untersuchung machte er einen müden Eindruck, hatte ein blasses Gesicht und konnte schlecht gehen. Die Körpertemperatur betrug 37,7°C. Er hatte mäßig geschwollene Tonsillen beidseits. Seine Herzaktion war regelmäßig, aber etwas beschleunigt. Das linke Knie war mäßig geschwollen und etwas überwärmt, die Beweglichkeit deutlich eingeschränkt. Das rechte Knie war leicht geschwollen und frei beweglich. Er hatte einen schlechten Appetit und normalen Stuhlgang, der Urin war hellgelb, der Puls schwebend und beschleunigt (fú shuò), die Zunge rot mit dünnem gelbem Belag. Die Diagnose war: Wanderndes bì-Syndrom mit übermäßiger Hitze.
Die Behandlung bestand darin, den Wind auszuleiten, die Leitbahnen zu öffnen und das Blut zu beleben, um die Hitze zu zerstreuen. Die Punkte Ma 36 (zú sān Iǐ), MP 10 (xuè hǎi), Bl 17 gé shū) und Lu 11 (shào shāng) wurden zur Behandlung ausgewählt, wobei bei den Punkten Ma 36 (zú sān Iǐ) und MP 10 (xuè hǎi) die Nadeln auf das Knie gerichtet wurden. Nach dem Erreichen des Nadelgefühls wurde die Nadel sedierend manipuliert durch schnelles Einstechen und langsames Herausziehen. Am Punkt MP 10 (xuè hǎi) wurde das Nadelgefühl nach unten gerichtet und die Nadel im Uhrzeigersinn gedreht. Am Punkt Ma 36 (zú sān Iǐ) wurde das Nadelgefühl nach oben gerichtet und die Nadel gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Der Patient hatte die Empfindung, dass sich ein Kältegefühl im Knie ausbreitete. Die Nadeln wurden 20 Minuten liegengelassen. In dieser Zeit wurden sie zweimal manipuliert. Am Punkt Bl 17 (gé shū) wurden die Nadeln nach dem Erreichen des Nadelgefühls sedierend gedreht, aber nicht tief eingestochen und auch nicht durch Heben und Stoßen manipuliert. Am Punkt Lu 11 (shào shāng) wurde Blut mit Hilfe der dreikantigen Nadel abgelassen.
Der Patient bekam einen Schweißausbruch und fühlte sich anschließend deutlich besser, die Beweglichkeit des linken Knies besserte sich. Bei der zweiten Sitzung waren das Fieber und auch die Halsschmerzen gelindert: Der Patient hatte nur noch eine geringe lokale Rötung und eine leichte Schwellung der Knie. Die Pulse waren schwebend und gemäßigt (fú huǎn), die Zunge war rot mit einem dünnen gelben Belag. Die Behandlung wurde in gleicher Weise wiederholt. Außerdem wurden Gbl 31 (fěng shì), Gbl 34 (yáng líng quán) und Bl 18 (gān shū) genadelt und zusätzlich mit der Pflaumenblütennadel beklopft, um das ql und Blut zu bewegen und die Sehnen zu stärken. Nach einer Woche Behandlung hatte der Patient keine Schmerzen mehr und konnte die Gelenke frei bewegen. Urin und Stuhl waren normal, der Puls gemäßigt (huěn), der Zungenbelag dünn und feucht, die BKS 5mm/Std. Er fühlte sich wohl.