Die Therapie eines wandernden bì-Syndroms (xíng bì), auch als Rheumatismus durch Einwirkung von Wind bezeichnet, besteht im Wesentlichen darin, den Wind auszuleiten und die Leitbahnen zu öffnen. Ergänzend muss man Kälte und Nässe beseitigen (sàn hán chú shī). In der Praxis können die drei Erkrankungstypen einzeln auftreten oder in gemischter Form. Sie können sich aber auch ineinander umwandeln und müssen dann entsprechend behandelt werden.

Kriterien der Punktauswahl

  • Grundsätzlich nadelt man die lokalen oder schmerzhaften Punkte.
  • Wenn sehr viele Punkte schmerzhaft sind, kann man am Punkt Di 11 (qū chí) sedierend behandeln.
  • Besteht die Erkrankung schon länger und hat sich ein Mangel an Blut und qi eingestellt, tonisiert man Di 4 (hé gǔ) und MP 6 (sān yīn jiāo).
  • Sind Wind und Nässe die vorherrschenden pathogenen Faktoren, sediert man Di 11 (qū chí) und MP 9 (yīn Iíng quán).
  • Bei lokaler Rötung und Schwellung, verbunden mit gelbem Zungenbelag und mit beschleunigtem (shuò) Puls, kann man Di 11 (qū chí), Ma 44 (nèi tíng) oder Ma 41 (jiě xī) und schmerzhafte Punkte sedierend behandeln, um Wind auszuleiten, die Hitze zu klären, die Meridiane zu öffnen und die pathogenen Faktoren zu zerstreuen.
  • Bei schmerzhaftem bì-Syndrom (tòng bì) besteht die Behandlung im Wesentlichen darin, die Leitbahnen zu wärmen und Kälte zu zerstreuen, unterstützend werden Wind und Nässe beseitigt durch Behandlung der lokalen und der schmerzhaften Punkte. Dabei muss man stark manipulieren, um ein brennendes Gefühl zu erzeugen, oder Moxa auf der Nadel befestigen, damit die Leitbahnen gewärmt werden und die Kälte zerstreut wird sowie die Leitbahnen geöffnet und die Schmerzen gestillt werden.
  • Gibt es viele schmerzempfindliche Punkte, kann man Di 11 (qū chí) und MP 9 (yīn Iíng quán) moxibustieren, um das yáng zu wärmen, Kälte zu zerstreuen sowie Wind und Nässe zu beseitigen.
  • Bei Gelenkschmerzen in den Beinen kann man am Punkt KG 4 (guān yuán) tonisieren (die Nadel wird zügig in die subkutane Hautschicht eingeführt und schnell gedreht, während die Haut um den Punkt herum fest gedrückt wird) und so die Bereiche aufwärmen.
  • Bei einem fixierten bì-Syndrom (Nässe-Rheumatismus) besteht die Behandlung im Wesentlichen darin, die Nässe auszuleiten und die Leitbahnen zu öffnen. Zusätzlich werden Wind und Kälte zerstreut, indem die lokalen und die schmerzhaften Punkte genadelt und sedierend manipuliert werden oder auch akupunktiert und mit der Moxarolle moxibustiert werden, um Nässe auszuleiten.
  • Bei einem sehr langwierigen Krankheitsverlauf kommt es meistens zu einem Mangelzustand in der Milz mit überwiegender Nässe. Dann werden Ma 36 (zú sān Iǐ), MP 9 (yīn Iíng quán) oder BI 20 (pí shū) tonisiert, um die Milz zu stärken und die Nässe umzuwandeln (jiàn pí huà shī). Findet man ein Gefühl der Taubheit, kann man an diesen Stellen mit der Moxarolle moxibustieren oder mit der Pflaumenblütennadel behandeln.
  • Sind die Gliedmaßen geschwollen und die Bewegungen eingeschränkt, die Muskulatur atrophisch, der Gesichtsausdruck ausgezehrt, der Patient geschwächt, die Zunge blass mit weißem Belag, die Pulse schmal und gemäßigt (xì huǎn), dann kann man die Punkte Di 4 (hè gǔ) und MP 6 (sān yīn jiāo) tonisieren, um das qì und Blut zu ergänzen (bǔ yì qì xuè), Pathogene auszuleiten und die Leitbahnen zu öffnen.
  • Ist die allgemeine Situation des Patienten von einem Mangel an yáng charakterisiert zusammen mit einer rheumatischen Erkrankung vom Typ Kälte und Nässe, tonisiert man KG 4 (guān yuán), um das yáng zu unterstützen (zhù yáng), Kälte zu zerstreuen und die Leitbahnen zu öffnen.
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