Bei Mangel von qì und Blut in Milz und Herz (xīn pí liǎng xū, qì xuè hù kuī) findet man Schlafstörungen mit häufigem Erwachen, lebhafte Träume, Herzklopfen, Vergesslichkeit, Appetitlosigkeit, eine fahle Hautfarbe, eine blasse Zunge und einen schmalen Puls (xì). Hier akupunktiert man an den Punkten Bl 15 (xīn shū), Bl 20 (pí shū) und Ma 36 (zú sān Iǐ).
Bei aufflammendem Feuer aufgrund von Mangel an yīn (yīn xū huǒ wàng) mit Verminderung von yīn in der Niere (shèn yīn bù zú) und übermäßigem Feuer in Herz und Leber (xīn gān huǒ Wang), das zu einer Störung in der Verbindung von Herz und Niere führt (xīn shèn bú jiāo), findet man Schlafstörungen, nervöse Unruhe, Hitzegefühle in Handflächen und Fußsohlen, Herzklopfen, Schweißausbrüche, einen trockenen Mund und Hals oder ein wundes Gefühl in der Taillengegend, nächtliche Samenergüsse, eine rote Zunge und einen schmalen und beschleunigten Puls (xì shuò). Hier akupunktiert man an den Punkten N 3 (tài xī), Le 3 (tài chōng), Pk 7 (dà líng) und KG 4 (guān yuán).
Bei inneren Störungen durch Hitze und Schleim (tán rè nèi rǎo) findet man Schlaflosigkeit, nervöse Unruhe, ein Völlegefühl im Brustkorb, eine bitteren Geschmack im Mund, einen gelben und fettigen Zungenbelag und einen schlüpfrigen und beschleunigten Puls (huá shuò). Hier akupunktiert man an den Punkten Ma 40 (fěng lóng), Pk 6 (nèi guān), Ma 44 (nèi tíng) und KG 12 (zhōng wǎn).
Vorgehensweise bei Schlafstörungen
Bei Patienten mit Mangelsituationen akupunktiert man mit tonisierender Manipulation; bei Patienten mit Überschusssituationen sediert man. Eine Kombination von beiden Verfahren kann angewendet werden bei Mangel an yīn in der Niere mit überschießendem Feuer im Herzen und Störung in der Verbindung von Niere und Herz. Hier sollte dann im Herzmeridian sediert werden, um das Feuer zu sedieren, und die Punkte auf dem Nierenmeridian soll man tonisierend manipulieren, um das yīn zu tonisieren. Man soll nicht zu heftig manipulieren und lieber die Nadeln länger liegen lassen. Die Verfahrensweise an jedem einzelnen Punkt muss der Situation angepasst werden, um einen möglichst großen Effekt zu erzielen.
Das Behandlungsergebnis wird auch besser, wenn man am Nachmittag oder am Abend behandelt.
Fallbeispiel: Schlafstörungen
Ein 40jähriger Funktionär hatte seit zwei Jahren Schlafstörungen mit lebhaften Träumen. Er war sehr nervös, sein Gesicht war gerötet und heiß, seine Kehle fühlte sich trocken an. Er litt auch an Schwindel, Tinnitus, Palpitationen, Vergesslichkeit, schlechtem Appetit, Blähungen nach dem Mahlzeiten und Übelkeit. Sein Stuhl war trocken oder zu weich, sein Zungenbelag dick und fettig, sein Puls schlüpfrig (huá). Die Diagnose lautete innere Blockade durch Hitze und Schleim (tán rè nèi zǔ), die das Herz angegriffen und zu einer Störung in der Energie des Herzens geführt haben. Die lange Erkrankung hatte zu einer Unterdrückung des yīn geführt. Deshalb litt er an Tinnitus, Palpitationen und Vergesslichkeit. Hier handelte es sich also um einen gemischten Fall aus Überschuss und Mangel.
Die Behandlung musste die Hitze klären, den Schleim umwandeln (qīng huà tán rè), das Herz regulieren und das yīn des Herzens tonisieren (tiáo bǔ xīn yīn). Folgende Punkte wurden aus- gewählt: Pk 6 (nèi guān), H 7 (shén mén), KG 12 (zhōng wǎn), Ma 40 (fěng lóng) und Ma 44 (nèi tíng). Diese Punkte wurden mit leicht sedierender Technik manipuliert. Außerdem wurden die Punkte MP 6 (sān yīn jiāo) und H 5 (tōng lǐ) tonisiert, um die Essenz des Herzens zu nähren (yǎng xīn yīn).
Es wurde an jedem zweiten Tag 20mal behandelt. Er hatte anschließend besseren Appetit, konnte besser schlafen, und sein Gesicht war weniger rot. Der schleimige Belag auf der Zunge war vermindert. Jedoch hatte er immer noch Palpitationen, Ohrgeräusche, war vergesslich, und seine Zunge war rot. Der Puls war schmal und gespannt (xì xián). Das zeigte, dass der Mangel an yīn sich noch nicht erholt hatte und dass noch mehr zur Beruhigung des Geistes und zum Aufbau des yīn getan werden musste. H 7 (shén mén), Pk 6 (nèi guān), MP 6 (sān yīn jiāo), N 3 (tài xī) und Ma 36 (zú sān Iǐ) wurden weitere drei Monate lang akupunktiert. Anschließend ging es ihm gut. Drei Jahre später kam er aus dem Ausland zurück und wurde wegen einer anderen Erkrankung behandelt. Dabei berichtete er, dass er seitdem gut habe schlafen können.