Periomarthritis (Schulterschmerzen) tritt meist bei Erwachsenen im Alter von 40 bis 60 Jahren auf. Schulter und Arm sind schmerzhaft. Tagsüber haben die Patienten etwas Erleichterung, nachts sind die Schmerzen schlimmer. Die Beweglichkeit in der Schulter ist eingeschränkt.
Die Behandlungspunkte werden nach der Syndromdifferenzierung ausgewählt:
- Wenn die Schmerzen mehr an der lateralen Seite von Schulter und Arm lokalisiert sind, werden Punkte des Dickdarmmeridians (Hand yáng míng) benutzt: Di 15 (jiān yú), Di 11 (qū chí), Di 10 (shǒu sān lǐ) und Di 4 (hè gǔ).
- Wenn Schulter und Rücken schmerzhaft sind, nimmt man Punkte des Dünndarmmeridians (Hand tài yáng): Dü 11 (tiān zōng), Dü 9 (jiān zhěn), Dü 10 (nào shū) und Dü 3 (hòu xī).
- Wenn die mediale Seite von Schulter und Arm betroffen ist, benutzt man Punkte auf dem Lungenmeridian (Hand tài yīn): Lu 3 (tiān fǔ), Lu 4 (xiá bái), Lu 5 (chǐ zé) und Lu 6 (kǒng zuì).
Manipulationen bei Schulterschmerzen
Es wird die ganze Reihe der drehenden, rotierenden, hebenden und stoßenden Manipulationen angewendet.
- Am Punkt Di 15 (jiān yú) sticht man nach schräg unten und öffnet damit den Meridian.
- Am Punkt Di 11 (qū chí) sticht man senkrecht zur Haut ein, so dass sich das Nadelgefühl im Arm nach oben und unten ausbreitet. Die Kombination dieser zwei Punkte zerstreut das qì, aktiviert die Blutzirkulation, besänftigt den Wind und eliminiert Pathogene.
- Der Punkt Di 10 (shǒu sān lǐ) verstärkt die Wirkung von Di 11 (qū chí).
- Am Punkt Di 4 (hè gǔ) wird die Nadel in Richtung Handgelenk eingeführt. Das Nadelgefühl soll nach oben ziehen. Dieser Punkt in Kombination mit Di 11 (qū chí) kann nach oben leiten und zerstreuen, Wind eliminieren und so Schmerzen stillen.
- Am Punkt Dü 11 (tiān zōng) wird die Nadel senkrecht eingeführt, die Spitze soll in Richtung Schulter weisen, und das Nadelgefühl soll sich den Arm entlang nach oben ausbreiten. Nach dem Erreichen des Nadelgefühls soll sedierend manipuliert werden, um den Fluss des Blut-qì zu klären. Die Nadel wird nicht liegengelassen.
- Dü 9 (jiān zhěn) und Dü 10 (nào shū) werden senkrecht gestochen, und das Nadelgefühl wird nach unten geleitet.
- Dü 3 (hòu xī) ist der Treffpunkt von acht Meridianen, der shū-Punkt des Dünndarmmeridians und hat eine Verbindung mit dem Lenkergefäß. Er kann den Wind zerstreuen und Schmerzen stillen.
- Lu 3 (tiān fǔ) und Lu 4 (xiá bái) werden senkrecht gestochen, und das Nadelgefühl soll sich in Richtung Axilla und Ellenbogen ausbreiten. Diese beiden Punkte liegen nur
1 cùn auseinander und werden angewendet, um die Klärung des Meridians zu verstärken und so die Schmerzen zu stillen. - Lu 5 (chǐ zé) wird senkrecht zusammen mit Lu 6 (kǒng zuì) genadelt, dem Schlüsselpunkt, um die Sehnen zu entspannen und den Blutfluss zu beleben.
Wenn die Schmerzen zwei oder mehr Meridiane betreffen, muss man von allen diesen Meridianen Punkte anwenden. Wenn Kälte überwiegt, kann man moxibustieren oder warm nadeln. Die Nadeln sollen 20 bis 30 Minuten liegengelassen werden, einmal täglich wird behandelt und zehn Sitzungen bilden einen Therapiezyklus.
Außerdem kann man noch mit einer 4 cùn langen Nadel den Punkt Ma 38 (tiáo kǒu) in Richtung Bl 57 (chéng shān) stechen. Der Patient wird dabei angewiesen, die Schulter zu bewegen und Funktionsübungen durchzuführen. In dieser Weise behandelt, können die meisten Fälle geheilt werden, besonders wenn die Behandlung früh beginnt.
Fallbeispiel
Ein 61-jähriger Mann litt seit vier Monaten immer wieder an Schmerzen in der rechten Schulter. In der vorhergehenden Woche waren diese schlimmer geworden, besonders nachts, nachdem er im Regen durchnässt worden war. Die Schmerzen waren zwar tags etwas leichter, behinderten ihn aber in seinen täglichen Verrichtungen. Wenn er den Arm anhob, ausstreckte oder abduzierte, wurden die Schmerzen stärker und strahlten nach lateral und hinten aus. Man konnte eine Verspannung im Verlauf des tài yáng- und yáng míng-Meridians der Hand tasten. Bei der Untersuchung hatte er einen dünnen weißen Zungenbelag und einen versunkenen und gespannten Puls (chén xián). Die Diagnose war: Pathogene Nässe und Kälte beeinträchtigen den Dünndarmmeridian und den Dickdarmmeridian.
Die Behandlung wurde in folgender Weise durchgeführt: Auf der normalen Seite wurde
Ma 38 (tiáo kǒu) durchgestochen bis Bl 57 (chéng shān), um das qì des yáng míng und des tài yáng zu klären. Das Nadelgefühl wurde in die Ferse geleitet, und der Patient musste die Schulter fünf Minuten lang bewegen. Dann wurde die Nadel nach und nach herausgezogen, ohne dass das Einstichloch bedeckt wurde, so dass die Pathogene entweichen konnten.
Anschließend wurde die betroffene Seite an den Punkten Dü 11 (tiān zōng), Di 15 (jiān yú), Di 11 (qū chí), Di 10 (shǒu sān lǐ) und Dü 3 (hòu xī) mit sedierender Manipulation genadelt. Am Punkt Di 15 (jiān yú) wurde außerdem moxibustiert. Die Nadeln wurden 20 Minuten liegengelassen. Die Behandlungen wurden einmal täglich an zehn Tagen durchgeführt, bis die Schmerzen verschwanden.