Um mit den xī-Punkte (Schlüsselpunkten) Schulterschmerzen (Periomarthritis) behandeln zu können, muss man die verschiedenen Syndrome differenzieren. In der Regel werden die Punkte Di 7 (wěn liū), 3E 7 (huì zōng), Dü 6 (yǎng lǎo) und die drei Punkte auf den yīn-Meridianen der Hand Lu 6 (kǒng zuì), Pk 4 (xī mén) und H 6 (yīn xī) akupunktiert.

Methodik

Nach Routinedesinfektion der Haut wird eine 30 G dünne Nadel langsam senkrecht durch die Haut bis in eine Tiefe von 0,3 bis 0,7 cùn geführt. Dann wird die Spitze der Nadel schräg auf den Unterarm gerichtet, so dass das Nadelgefühl sich in Richtung Unterarm, den ganzen Arm entlang, auf das Handgelenk oder die Finger ausbreitet. Die Nadel wird 1 bis 2 Minuten ständig gedreht und dann 25 bis 30 Minuten lang liegengelassen. Innerhalb dieser Zeit wird sie alle fünf Minuten manipuliert, und der Patient muss in dieser Zeit die Schulter in alle Richtungen eine Minute lang bewegen. Danach wird der Schmerz meistens besser. Nach 1 bis 3 Sitzungen ist der Schmerz stark gelindert oder sogar verschwunden.

Fallbeispiel Schulterschmerzen 1

Ein 35jähriger Mann klagte über Schmerzen in der linken Schulter, die seit drei Tagen bestanden. Sie zogen zur Medialseite des Armes, und die Beweglichkeit war eingeschränkt. Bei der Untersuchung wurden keine lokalen Veränderungen festgestellt. Die Schmerzen wurden bei Bewegung der Schulter schlimmer. Am medialen und lateralen Rand von Schulter und Arm waren Verspannungen tastbar. Der linke Arm konnte nicht angehoben werden.

Die Diagnose war: Wanderndes bì-Syndrom, verursacht durch eine Blockade des Herz-Meridians (Hand shào yín) und des Perikard-Meridians (Hand jué yīn). Die Behandlung bestand darin, die Meridiane zu öffnen, die Verbindungsgefäße zu beleben und das Blut-qì zu regulieren (shū jīng huó luò, tōng tiáo qì xuè).

Nach der oben angegebenen Methode wurden die Punkte H 6 (yīn xī) und Pk 4 (xī mén) genadelt. Schon beim Herausziehen der Nadeln waren die Schmerzen gelindert, und der Patient konnte seine linke Hand bis in Schulterhöhe heben. Am nächsten Morgen waren die Schmerzen verschwunden, so dass er die Schulter frei bewegen konnte. Nach einer weiteren Behandlung zur Festigung des Therapieerfolges hatte er keine Beschwerden mehr. Bei der Untersuchung nach einem halben Jahr war er beschwerdefrei geblieben.

Fallbeispiel Schulterschmerzen 2

Ein 60jähriger Mann klagte über Schmerzen in seiner linken Schulter, die schon länger als zwei Wochen bestanden. Er hatte die linke Schulter im Schlaf unbedeckt gehabt, und am nächsten Morgen waren die Schmerzen aufgetreten. Sie verstärkten sich beim Anheben des Armes. Medikamente hatten ihm bisher nicht geholfen.

Bei der Untersuchung fand sich keine lokale Rötung oder Schwellung. Die Punkte Di 15 (jiān yú) und Dü 11 (tiān zōng) waren jedoch druckempfindlich und das Anheben und die Außenrotation des Armes waren schmerzhaft.

Die Diagnose lautete: Wanderndes bì-Syndrom durch Eindringen von pathogenem Wind in den Dickdarm-Meridian (Hand yáng míng) und den Dünndarm-Meridian (Hand tài yáng) sowie Stagnation des Blut-qì.

Die Behandlung musste darin bestehen, diesen Wind zu eliminieren, die Pathogene zu zerstreuen, die Meridiane zu öffnen und die Verbindungsgefäße zu beleben (qū fěng sàn xié, tōng jīng huó luò). Dü 6 (yǎng lǎo) und Di 7 (wěn liū) wurden genadelt. Fünf Minuten nach der Akupunkturbehandlung waren die Schmerzen schon merklich gelindert und am nächsten Tag fast verschwunden. Nach einer weiteren Sitzung war der Patient beschwerdefrei, und auch bei der Nachuntersuchung nach einem halben Jahr hatte er keinen Rückfall gehabt.