Die Akupunktur und Moxibustion bei Magenschmerzen ist besonders erfolgversprechend, wenn die Punktauswahl  entsprechend der Differenzierung von Syndromen erfolgt.

Disharmonie von Leber und Magen (gān wèi bù hé)

Die Behandlung dieses Typs von Magenschmerzen muss die Leber besänftigen und den Magen beruhigen (shū gān hé wèi).

Dazu benutzt man dünne Nadeln zum Auffüllen der Fuß-jáng míng-Meridiane und zum Sedieren der Fuß-jué yīn-Meridiane. Zusätzlich wird an den shu-Punkten des Rückens moxibustiert. Bei täglich einer Behandlung sind drei bis fünf Behandlungen genug.

Die Punkte KG 12 (zhōng wǎn), Ma 36 (zú sān Iǐ), Le 14 (qí mén), Gbl 34 (yáng líng quán) und Pk 6 (nèi guān) werden akupunktiert.

Bei starker Gasbildung im Abdomen und weichen Schwellungen im Bauch werden Bl 20 (pí shū) und MP 4 (gōng sūn) zusätzlich akupunktiert.

Bei Rülpsen und saurem Aufstoßen werden auch Bl 18 (gān shū), Bl 19 (dǎn shū) und Gbl 40 (qiū xū) gestochen.

Stagnierende Hitze im Magen (wèi zhōng yùn rè):

Die Behandlung dieses Typs von Magenschmerzen muss den Magen kühlen und die Hitze ausleiten (qīng wèi xìe rè).

Dazu akupunktiert man mit dünnen Nadeln und manipuliert mit gleichmäßig sedierend und tonisierenden Methoden. Man wendet keine Moxibustion an. Die Nadeln werden 20 Minuten lang liegen gelassen und man behandelt einmal täglich, wobei zehn Sitzungen einen Therapiezyklus bilden. Im Allgemeinen sind fünf bis zehn Sitzungen ausreichend.

Die Punkte KG 12 (zhōng wǎn), Ma 36 (zú sān Iǐ), Le 2 (xíng jiān) und Ma 44 (nèi tíng) warden akupunktiert.

Bei starken Schmerzen im Magen werden zusätzlich die Punkte Ma 34 (liáng qiū) und Iǐ nèi tíng (auf der Fußsohle gegenüber Ma 44 (nèi tíng) zwischen dem 2. und 3. Zeh) akupunktiert.

Bei Ärger und nervöser Unruhe behandelt man zusätzlich Pk 7 (dà líng) und Bl 18 (gān shū).

Bei saurem Aufstoßen und Rülpsen sticht man auch an die Punkte Gbl 34 (yáng líng quán) und Gbl 40 (qiū xū).

Stagnation von qì und Blutstase (qì zhì xuè yū)

Die Behandlung dieses Typs von Magenschmerzen soll das Blut beleben und die Verbindungsgefäße öffnen (huó xuè tōng luò), den Magen harmonisieren und die Blutung stillen (hé wèi zhǐ xuè).

Bei Stagnation von qì und Blutstase werden dünne Nadeln benutzt und mit gleichmäßig tonisierend und sedierenden Methoden manipuliert. Die Nadeln werden 30 Minuten liegen gelassen. Am Tag werden ein bis zwei Sitzungen durchgeführt und Medikamente dazu gegeben.

Die Punkte KG 12 (zhōng wǎn), Ma 25 (tiān shū), KG 6 (qì hǎi), Le 13 (zhǎng mén), Ma 36 (zú sān Iǐ), MP 6 (sān yīn jiāo), Bl 20 (pí shū), Bl 17 (gé shū) und Ma 44 (nèi tìng) werden akupunktiert.

Bei Magenschmerzen und Bluterbrechen nadelt man zusätzlich Pk 6 (nèi guān) und MP 8 (dì jī)

Bei starken Schmerzen im Epigastrium werden auch Ma 34 (liàng qiū) und MP 4 (gōng sūn) behandelt.

Mangel und Kälte in Milz und Magen (pí wèi xū hán)

Die Behandlung dieses Typs von Magenschmerzen soll das yáng der Milz wärmen und aktivieren (wěn yùn pí yáng), den Magen stärken und das Innere harmonisieren (jiàn wèi hé zhōng).

Bei Mangel und Kälte in Milz und Magen benutzt man dünne Nadeln und manipuliert tonisierend. Zusätzlich wird moxibustiert. Man lässt die Nadeln 30 Minuten liegen und behandelt einmal täglich. Im Allgemeinen sind drei bis fünf Behandlungen ausreichend.

Dazu werden die Punkte Bl 20 (pí shū), Bl 21 (wèi shū), KG 12 (zhōng wǎn), Le 13 (zhǎng mén), Pk 6 (nèi guān) und Ma 36 (zú sān Iǐ) ausgewählt.

Bei Kälte im Magen und stagnierender Nahrung (wèi hán shí jī) fügt man KG 21 (xuán jī) und MP 4 (gōng sūn) hinzu.

Bei Durchfall durch Mangel in der Milz (pí xū xiè xiè) moxibustiert man Ma 25 (tiān shū) und Bl 25 (dà cháng shū) sowie KG 9 (shǐ fěn), KG 8 (shén què), KG 6 (qì hǎi), Ma 25 (tiān shū) mit jeweils drei bis fünf Moxakegeln, wobei man am Punkt KG 8 (shén què) über einer Ingwerscheibe moxibustiert.

Mangel an yīn im Magen (wèi yīn bù zú)

Die Behandlung dieses Typs von Magenschmerzen soll das yin des Magens nähren (zī yǎng wèi yīn), das qì regulieren und das Innere des Körpers harmonisieren (Iǐ qì hé zhōng).

Bei Mangel an yīn im Magen nimmt man dünne Nadeln, manipuliert tonisierend und moxibustiert. Die Nadeln bleiben 30 Minuten liegen. Man behandelt einmal täglich. Im Allgemeinen sind ein bis drei Behandlungen ausreichend.

Dazu werden die Punkte KG 12 (zhōng wǎn), Le 13 (zhǎng mén), Bl 21 (wèi shū), Bl 20 (pì shū), KG 6 (qì hǎi), Ma 25 (tiān shū), Ma 36 (zú sān Iǐ), MP 6 (sān yīn jiāo), N 3 (tài xī) und N 7 (fù liū) akupunktiert.

Bei Verstopfung behandelt man auch Ma 37 (shàng jù xǔ) und Ma 44 (nèi tíng).

Bei trockenem Mund mit wenig Speichel nadelt man jīn jīn (yù yè) sowie KG 6 (qì hǎi).

Fallbeispiel: Magenschmerzen

Ein 43jähriger Mann klagte seit mehr als fünf Jahren über Magenschmerzen. Seit einem halben Jahr litt er auch an übelriechenden Blähungen im Magen nach jeder Mahlzeit und wurde deswegen mit xiāo yào-Pillen und xiāng shā liù jūn-Pillen behandelt, jedoch ohne Erfolg.

Die Untersuchung zeigte Druckschmerzhaftigkeit im Epigastrium auf beiden Seiten, Aufstoßen, einen gespannten Puls, einen weißen fettigen Zungenbelag. Im Röntgenbild zeigte sich, dass der untere Magenpol bis tief ins Becken (8 cm unter die Interspinallinie) reichte. Die Ursache hierfür liegt darin, dass der Magen durch die Energie der Leber angegriffen wurde (gān qì fàn wéi). So entstand eine Disharmonie des Magens, und der Patient konnte die Energie nicht mehr nach unten leiten.

Die Behandlung bestand darin, die Leber zu zerstreuen und den Magen zu harmonisieren (shū gān hé wèi).

Folgende Punkte wurden behandelt: KG 12 (zhōng wǎn), Bl 21 (wèi shū), Le 14 (qí mén), Bl 18 (gān shū), shì cāng (3 cùn lateral KG 12 (zhōng wǎn), senkrecht gestochen 0,7-1 cùn tief), wèi guǎn xià shū (1,5 cùn lateral des Unterrandes des processus spinosus des 8. Brustwirbels, mit schräg eingeführter Nadel, 0,5-0,8 cùn tief), Ma 36 (zú sān Iǐ), Gbl 34 (yáng líng quán).

Alle Punkte wurden mit dünner Nadel gestochen. Am Fuß-yáng míng-Meridian wurde tonisiert, am Fuß-jué yīn-Meridian sediert. Die Punkte shì cāng und wèi guǎn xià shū wurden mit gleichmäßig tonisierender und sedierender Manipulation genadelt und außerdem moxibustiert. Alle zehn Minuten wurde manipuliert, die Nadeln wurden 30 Minuten liegengelassen. Zehn Sitzungen bildeten einen Therapiezyklus. Nach drei Zyklen waren alle Symptome verschwunden, und der Patient hatte einen guten Appetit. Er nahm 3 kg Gewicht zu. Im Röntgenbild zeigte sich, dass der untere Magenpol nur noch 1 cm unterhalb der Interspinallinie zu sehen war. Bei der Nachuntersuchung nach zwei Jahren war er ohne Rückfall geblieben.

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