Bei Schwangerschaftsübelkeit sind drei Syndrome zu unterscheiden: Mangelzustand des Magens (wèi xū), Hitze der Leber (gān rè) und trüber Schleim (tán zhuó).

Syndrome

Handelt es sich um einen Mangelzustand des Magens, so findet man Abneigung gegen Nahrungsmittel, Übelkeit und Erbrechen mit starkem Speichelfluss, das Gesicht ist blass, die Patientinnen sind sehr schwach, die Zunge ist blass mit dünnem weißem Belag, der Puls ist langsam, schlüpfrig und schwach (huǎn huá wú lì). Bei Hitze in der Leber findet man nervöse Unruhe, Übelkeit, Erbrechen von bitterer gelber Flüssigkeit oder saurer Flüssigkeit, der Urin ist spärlich und dunkelfarbig, die Zunge rot mit gelbem Belag, der Puls gespannt und schlüpfrig (xián huá). Bei trübem Schleim erbrechen die Frauen Schleim, haben Abneigung gegen Nahrungsmittel, Blähungen, kaum Geschmacksempfindungen im Mund, die Zunge ist blass mit dickem weißem und fettigem Belag, der Puls ist schlüpfrig.

Akupunktur

Bei Mangelzustand des Magens akupunktiert man Ma 36 (zú sān Iǐ) und Le 3 (tài chōng) beidseits tonisierend als Hauptpunkte. Als Zusatzpunkte werden KG 12 (zhōng wǎn) und Pk 6 (nèi guān) tonisiert. Bei Leberhitze werden als Hauptpunkte Le 3 (tài chōng) neutral akupunktiert und Ma 36 (zú sān Iǐ) tonisiert. Als Zusatzpunkt wird Gbl 34 (yáng líng quán) neutral akupunktiert. Bei trübem Schleim werden als Hauptpunkte Ma 40 (fěng lóng) beidseits neutral und Ma 36 (zú sān Iǐ) tonisierend akupunktiert. Pk 6 (nèi guān) wird zusätzlich tonisiert.

Methoden

Am Punkt Ma 36 (zú sān Iǐ) wird senkrecht 1,5 bis2, 5 cùn tief eingestochen. Le 3 (tài chōng) wird 0,5 bis 1 cùn tief senkrecht akupunktiert. Ma 40 (fěng lóng) wird 1 bis 3 cùn tief vertikal akupunktiert. Pk 5 (jiān shǐ) wird senkrecht 0,5 bis1 cùn tief gestochen. KG 12 (zhōng wǎn) wird senkrecht 1 bis 1,5 cùn tief akupunktiert. Gbl 34 (yáng líng quán) wird senkrecht 2 cùn tief akupunktiert. Die Nadeln werden zunächst schnell eingestochen und dann je nach Bedarf mit Drehen und Rotieren und Heben und Senken manipuliert. Um zu tonisieren, wird die Nadel langsam eingestochen und gedreht und dann schnell herausgezogen. Zum Sedieren wird die Nadel schnell eingestochen und stark gedreht, aber langsam wieder herausgezogen. Zur neutralen Manipulation wird mäßig eingestochen und herausgezogen. Die Nadel dann mit gleichmäßiger Kraft und Geschwindigkeit gedreht.

Fallbeispiel

Eine 27jährige Schwangere klagte seit mehr als zwei Monaten über Übelkeit und Erbrechen. Bei der Untersuchung sahen wir eine ausgezehrte Frau mit blassem Gesicht. Sie war sehr schlapp. Ihre Zunge war rosa mit dünnem weißem Belag, der Puls schlüpfrig und schwach (huá wú lì). Die Diagnose lautete: Hyperemesis gravidarum vom Typ Mangelzustand des Magens. Die Punkte Ma 36 (zú sān Iǐ) und Le 3 (tài chōng) wurden beiderseits akupunktiert und tonisierend manipuliert. Die Patientin wurde zweimal täglich behandelt, die Nadeln eine halbe Stunde liegengelassen. Nach zwei Tagen waren Übelkeit und Erbrechen deutlich gelindert. Dann wurde sie nur noch einmal täglich behandelt. Le 3 (tài chōng) wurde durch KG 12 (zhōng wǎn) ersetzt. Nach weiteren zwei Tagen hörte das Erbrechen ganz auf. Nach sechs Tagen war ihr Appetit wieder normal.
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